Freitag, 16. Mai 2014

#3 Curve - Doppelgänger

Mein böser Zwilling meinte letztens zu mir, ich solle doch mal ein Cover interpretieren, dessen zugehörige Platte ich gar nicht zu Hause habe. Das konnte ich allerdings keineswegs mit meinem Gewissen vereinbaren. Aber noch bevor ich die Kurve kratzen konnte, lag mein Gewissen schon am Boden; der Täter konnte jedoch unerkannt fliehen. Jetzt musste ich mir selbst und meinem bösen Zwilling zugestehen, dass ich seiner Forderung leider nichts mehr entgegen zu setzten hatte. Und weil mein Zwillingsbruder mich so sehr inspiriert hat und er gewissermaßen mein Doppelgänger ist, hab ich mir  heute mal das Artwork zu Curve´s passend dazu betiteltem Debüt Doppelgänger genau angeschaut.

Curve weiß mit diesem Cover zwei Welten zu verbinden. Einerseits schmiss man hier alle Plastikpuppen, die man aus sämtlichen verstaubten Kellern im Umkreis retten konnte, zusammen und vermengte diese andererseits mit einer guten Portion Tomatensoße, die man sicher zwischen den Funden unterwegs auf der Straße auch noch irgendwann kochen konnte. So bereitete Curve eine Suppe aus Tomatenaroma und Babypuppen, die zum Teil fein säuberlich in ihre Einzelteile zerlegt wurden, zu. Dann schoss man auch noch ein Foto davon und fand es offenbar übertrieben witzig den ganzen Kram dann als Cover für einen Debütanten namens Doppelgänger zu missbrauchen. Wer die ganze Suppe dann allerdings auslöffeln musste, bleibt deiner Fantasie überlassen.

Interpretationsversuch

In Zusammenhang mit dem griffigen Titel der Platte kann Tomatensoße mit Plastikfiguren mehr interpretativen Wert haben als man vielleicht annehmen möchte. Wenn man sich mal in seinem Umfeld umsieht, sieht man dieser Tage größtenteils nur noch Kopien anderer. Individualitäten werden über Bord geworfen, weil zu schwer. Wer kann mit soviel Gewicht schon auf den Zug ins Schlaraffenland aufspringen?
Doppelt hält besser

Zwangsläufig sind diese Züge so voller Doppelgänger. Im metaphorischen Sinne könnte man von Massenabfertigung sprechen. Und eine brutal geschlagene Brücke später, fällt auf wie gut das doch auch auf industriell gefertigte, von Plastikpuppen bewohnte Zauberwelten zutrifft. Die drastische Wirkung wird jedoch vor allem durch die verstörende Tatsache erzielt, dass die Plastikpuppen auf dem Cover bis ins Kleinste verstümmelt sind. Da schwimmen kleine Plastikfüße fröhlich neben Rückenmuskulatur und halslosen Köpfen Hand in Hand durch eine breiige Alternativdimension.

Das ganze wird zu allem Überfluss auch noch von Tomatensoße, die sich einfach als Farbfilter raus gestellt hat, - irgendwann muss man die Illusion halt auch mal aufdecken - begleitet, was man auch getrost als Blut deuten kann. Immerhin wird so im bildlichen Sinne impliziert, dass wir alle, oder in dem Fall unsere stellvertretenden, verstümmelten Plastikfreunde, bei solch einem hohen Individualitätsverlust, in unserem eigenen, symbolischen Blut untergehen werden, weil wir zu uns selbst nicht mehr ehrlich sind. Und das sollte eigentlich verdammt wichtig sein!

Eine vielleicht etwas extreme Interpretationsvariante. Aber sollte diese Richtung genauso beim Design bedacht worden sein, würde mir das aufgrund hoher Aussagekraft sehr gut gefallen - aber was denkst du zum Cover?
Mein böser Zwilling ist jetzt übrigens hoch zufrieden mit mir, abgesehen davon, dass ich ihn als meinen Doppelgänger bezeichnet habe. Pikiert wirft er mir Schizophrenie und Wahnvorstellungen vor. Doch damit kann ich leben, die Kunst fordert eben ihre Opfer.

Trackliste 1992

  1 Already Yours
  2 Horror Heads
  3 Wish You Dead
  4 Doppelgänger
  5 Lillies Dying
  6 Ice That Melts The Tips
  7 Split Into Fractions
  8 Think And Act
  9 Falt Accompii
10 Sandpit
11 Clipped (nur in den USA)

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